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Das Ende des Familienbetriebs - QUAD 77
Im September 1995 wurde der in starken finanziellen Schwierigkeiten steckende
Familienbetrieb QUAD von der Bankenholding Verity Group, plc. übernommen.
Die Verity hatte zum Zeitpunkt der Übernahme ein recht breitgefächertes
Firmenspektrum inne; unter anderem solche bekannten Unternehmen wie den Schlagzeughersteller
Premier und die ebenfalls in Huntingdon ansässige Firma Mission. Ross
Walker - Sohn des QUAD-Firmengründers und Seniorchefs Peter Walker -
wurde zunächst weiterhin als Geschäftsführer eingesetzt.
Wie leider bei einer solchen Übernahme üblich (und es gibt genug
vergleichbare Beispiele aus der britischen Hifi-Industrie, wo Traditionsunternehmen
übernommen wurden -), wurden nicht nur positive Entscheidungen gefällt.
Viele Positionen innerhalb des Unternehmens wurden umbesetzt, andere komplett
gestrichen, ganze Unternehmensbereiche geschlossen (so z.B. die hauseigene
Lackiererei, in der die Gehäuse früher ihre unverwechselbare Farbgebung
erhielten) und deren Tätigkeitsbereiche ausgelagert. Vielleicht hat
man dabei zwischendrin den Traditionsaspekt aus den Augen verloren, der doch
gerade bei QUAD schon immer wichtiger Bestandteil der Firmenphilosophie war.
Dieses ganze Durcheinander führte natürlich auch zu Verzögerungen,
was die Produktion und auch die Produktentwicklung betraf. Die Auslieferung
der lange angekündigten Systemanlage "QUAD 77" verzögerte sich
immer wieder auf eine für Handel und Kunden letztendlich untragbare
Art und Weise. Als erstes Produkt kam schliesslich der Vollverstärker
auf den Markt, dem nur kurze Zeit später die - in dieser Anlage z.T.
enorm wichtige - bidirektionale(!) Systemfernbedienung folgte. Darauf folgte
der CD-Spieler, die Vor-/Endstufenkombination und - in guter QUAD-Tradition
- zu guter Letzt der Tuner. Einige Produkte, die noch zu Anfang angekündigt
wurden (z.B. Surrounddecoder-/Vorverstärker), kamen gar nicht auf den
Markt.
Wenn die 66er-Anlage mit ihrem aussergewöhnlichen Bedienkonzept und
ihrer avantgardistischen Erscheinung schon die traditionellen Quad-Liebhaber
in Angst und Schrecken versetzte, so tat die 77er Anlage dies erst recht:
Erstmals in der QUAD-Historie bestanden wesentliche Teile der Front aus Kunststoff
(O.K.; beim Vorverstärker 33 wurde auch Kunststoff verbaut, damals aber
noch unter einem anderen Hintergrund)! Das - zugegebenermassen ebenfalls
schlichte - Design der Geräte hatte - mehr noch als bei der 66er Serie
- überhaupt nichts mehr mit dem früheren, funktionalen Industriedesign
gemeinsam.
Alle vorgestellten Geräte gab es zunächst nur in nextelgrau (das
gleiche Finish, was man auch von der 606 schon kannte), später - etwa
zur Erscheinungszeit des Tuners - kam noch die Variante "carbon" dazu, eine
dunklere, schachbrettartig gemusterte Oberfläche. Die zweitgenannte
Designvariante wurde in wesentlich geringeren Stückzahlen verkauft.
Für die Verbindung der Systemgeräte untereinander ersann man eine
Technologie namens "QUADLINK-BUS". Ein mehrpoliger, eher an eine Computersteckverbindung
erinnernder Stecker verbindet dabei Quellgeräte - die sogenannten "Slave-Geräte"
- wie z.B. den CD-Player - mit dem "Master-Gerät", also Vollverstärker
bzw. Vorverstärker. Über diese mehrpolige Steckverbindung werden
sowohl symmetrische(!) Audiosignale, als auch Datensignale, sowie die Betriebsspannung
für den "Slave" übertragen. Um die Verwirrung komplett zu machen,
konstruierte man den CD-Spieler darüberhinaus in 2 verschiedenen Versionen:
Als "Slave-Gerät"; wie zuvor erwähnt (ohne eigene Stromversorgung,
ausschliesslich für den Betrieb an QUAD-Peripherie konzipiert), sowie
als "Master-Gerät", d.h. mit eigener Stromversorgung und eigenem Fernbedienungsempfänger,
sozusagen als "Standalone"-Gerät auch zum Betrieb in Fremdanlagen. Damit
nicht genug, geschieht die Verbindung zwischen 77er Vorverstärker und
Endverstärker(n) über den mechanisch identischen (elektrisch jedoch
anders belegten) Stecker, diese Verbindung benannte man "AMPBUS"; und damit
lassen sich auch mehrere Endstufen/Vollverstärker "zusammenketten".
Dieses sicherlich schwer zu verstehende Konzept wird bei den einzelnen Geräten
eingehender erläutert.
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