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Der QUAD ESL-55 - "Walker`s little wonder"Das
elektrostatische Prinzip ist schon recht alt; erste Versuche datiert man
auf ungefähr 1930 zurück. Obschon die damaligen Messaufbauten recht
primitiv waren - als Membran bediente man sich eines Stückes gespannter
Schweinehaut - bewiesen Rice und Kellogg bereits damals, dass auf diese Art
und Weise eine Schallübertragung möglich ist. Der Vollständigkeit
halber soll das elektrostatische Prinzip in dieser Einleitung zum ESL-55
nochmals in stark vereinfachter Form erläutert werden.
Beim elektrostatischen Lautsprecher finden wir eine leitfähig beschichtete,
sehr dünne Membran in der Mitte zwischen zwei feststehenden Platten,
welche im folgenden Statoren genannt werden sollen. Die beiden Statoren sind
ebenfalls über ihre ganze Fläche leitfähig. Nehmen wir nun
weiter an, die leitfähige Membran wird auf eine sehr hohe (Gleich-)
Spannung aufgeladen (kV-Bereich), so dass sich auf dieser Membran alle Ladungsträger
möglichst gleichmässig in einem homogenen Feld verteilen (wenn
die Ladung gleichmässig verteilt ist, findet kein Ladungsträgertransport
mehr statt - daher auch die Bezeichnung ElektroSTAT für statisch im
Gegensatz zu dynamisch bei Ladungsträgerbewegung = Stromfluss!). Weiterhin
wird nun das Musiksignal vom Verstärkerausgang über über einen
Transformator geführt, welcher das sehr niederohmige Signal (relativ
geringe Spannungen, bei Bedarf recht kräftige Ströme) umspannt
in ein Signal mit wesentlich grösseren Spannungen (dem dafür aber
kein Strom mehr abverlangt wird!). Der Ausgang des Trafos hat 3 Anschlüsse;
d.h. ein unsymmetrisches Eingangssignal wird in ein symmetrisches Signal
gewandelt. Legt man nun die Mittenanzapfung beider Sekundärwicklungen,
die Hochspannungsquelle und die Lautsprechermembran in Serie, und verbindet
die beiden übrigen, gegenphasigen Sekundäranschlüsse des NF-Transformators
mit den beiden Statoren, wird die ("vorgespannte") Membran im Rhythmus des
angelegten Musiksignals durch die unterschiedlichen Ladungsverhältnisse
hin- und herbewegt. Wenn man sich dieses Prinzip vor Augen hält, wird
zum einen deutlich, dass die Membran möglichst dünn und leicht
sein sollte, damit sie der angelegten Musikwechselspannung möglichst
trägheitslos folgen kann, zum anderen aber auch, dass sich in Grenzbereichen
Probleme ergeben; insbesondere dann, wenn tiefe Frequenzanteile in grossen
Lautstärken dargestellt werden sollen (in schlimmsten Fall kann es bei
maximaler Auslenkung dazu kommen, dass die Folie den oder die Statoren berührt;
eine schlagartige Entladung findet statt und die Membran wird dauerhaft beschädigt).
Darüberhinaus ist es aus mehreren physikalischen Gründen, auf die
hier der Einfachheit halber nicht eingegangen werden soll, schwierig, die
Membran bei grossen Auslenkungen in der Linearität zu belassen; d.h.
im Grenzbereich stellen sich recht schnell Verzerrungen ein. Aus letztgenannten
Gründen hat man häufig diese scheinbar schwierige Aufgabe der Bassübertragung
einem konventionellen (Konus-)Lautsprecher überlassen, und nur der wenig
leistungsintensive Mittel-/Hochtonbereich wurde einem elektrostatischen Treiber
zugeführt. Diese sogenannten Hybridelektrostaten fand man schon in der
Vergangenheit, aber auch heute noch erfreuen sich solche Modelle grosser
Beliebtheit (u.a. Martin Logan) Eine interessante Variante der Hybridtechnik,
die auch einen QUAD ESL integriert, gab es übrigens von keinem geringeren
als Mark Levinson - das legendäre HQD-System wurde in verschwindend
geringen Stückzahlen produziert und benutzte je Kanal zwei ESL-55 nur
für den Mittenbereich. (HQD kommt von "Hartley-QUAD-Decca"; d.h. die
ESL wurden "untenrum" durch Hartley-Bässe und im Hochtonbereich durch
Decca-Bändchen ergänzt. Das ganze System wurde aktiv "gefahren".)
Peter Walker, der sich in frühen Jahren über den "Corner Ribbon"
Lautsprecher mit einem Hybriden (Bändchen und konventioneller Treiber)
befasst hatte, befand jedoch, dass diese Lösung immer nur ein Kompromiss
sein könne - schon aufgrund der verschiedenen Abstrahlcharakteristika
der beiden Wandlersysteme.
Aus diesem Denkansatz heraus erfolgte die Konstruktion des Vollbereichselektrostaten
ESL-55. Der Lautsprecher besitzt je Seite 3 getrennte Wandlerelemente; ein
relativ kleines Mittel-Hochtonpaneel wird rechts und links von je einem Basspaneel
flankiert. Die beiden Elemente unterscheiden sich aufgrund Ihrer verschiedenen
Aufgaben in Ihrer Konstruktion z.T. erheblich, auf einige Einzelheiten soll
an dieser Stelle eingegangen werden:
Im Original sind die Statoren beider
Arten Wandlerelemente aus dem gleichen, dunkelroten Kunststoff gefertigt;
die sichtbaren Seiten sind mit einem grauen Isolierlack überzogen. Als
Membranmaterial wählte man für die Basselemente SaranTM, eine verhältnismässig
dicke, "weiche" und schwere Folie. SaranTM ist ein durchsichtiges, fast farbloses
Thermoplast, das in der Chemie vor allem aufgrund seiner sehr niedrigen Durchlässigkeit
für Gase bedeutsam ist. Häufigster Einsatzbereich in der heutigen
Industrie sind verschiedene Folien zur Lebensmittelverpackung. Diese von
Natur aus nicht elektrisch leitfähige Folie wurde mit einer vom Lack-
und Farbenhersteller ICI stammenden, elektrisch leitenden Lösung namens
CalatonTM beschichtet (diese Lösung bzw. ihre Nichtverfügbarkeit
führte dann "offiziell" dazu, dass von Seiten QUAD UK Mitte der 90er
Jahre keine Wandlerelemente mehr als Ersatzteile hergestellt werden konnten;
siehe unten).
Die beiden Basselemente werden mit einer Polarisationshochspannung von um
die 5,5 kV "gefahren". Staub- und Partikelablagerungen innerhalb der Elemente
(welche bei dieser Konstruktion kurzfristig zum Enstehen von Funkenstrecken
und damit zur Zerstörung des Elementes führen würden) hält
man durch einen folienbespannten, quasi luftdicht abgeschlossenen Holzrahmen
fern (Dieser Rahmen ist übrigens von aussen sichtbar; jedoch ist die
hier aufgebrachte Folie entgegen häufig vertretenen Meinungen natürlich
NICHT die schallerzeugende Membran, sondern dient nur dem Staubschutz!).
Mittel-Hochton, sowie Bassbereich werden im ESL-55 durch eine kleine passive
Weiche am Übertrager getrennt. Dieser stellt für den Bassbereich
dann auch recht mächtige Spannungen bereit, so misst man bereits bei
100 Hz und 3 Vpp Eingangsspannung etwa 800 Vpp zwischen den beiden Statoren
(Vorsicht Lebensgefahr! Die Sekundärspannungen des Eingangsübertragers
sind - entgegen der Polarisationsspannung - sehr niederohmig, was zu tödlichen
Stromschlägen führen kann!!).
Das wie erwähnt wesentlich kleinere Hochtonpaneel ist elektrisch nochmals
in 2 Sektionen unterteilt. Bereits von aussen kann man 3 nebeneinanderliegende
Lochstreifen auf den Statoren erkennen; zwei davon sind für den Mittelhochton-Bereich
zuständig; das mittlere ist allein für die Hochtonübertragung
verantwortlich.
Als Membranmaterial findet man hier das auch in heutigen
Elektrostaten fast durchgängig benutzte MylarTM (welches von anderen
Chemieherstellern auch unter anderen Namen - z.B. HostaphanTM oder MelinexTM
vertrieben wird). MylarTM ist ein relativ steifer, jedoch leichter und formbeständiger
PE-Film, der in der Kondensatorenfertigung und als Rohmaterial für Audio-,
Video- und Datenbänder genutzt wird. Die bereits in geringen Dicken
(z.B. 3µ) erstaunlich reissfeste Folie überzeugt darüberhinaus
durch Ihre Resistenz gegenüber den verschiedensten Chemikalien.
Da in
der Mittel-/Hochtonsektion nur vergleichsweise geringe Pegel gefordert sind,
gibt sich das entsprechende Wandlerelement bereits mit vergleichsweise bescheidenen
1,5 kV Polarisationsspannung zufrieden. Im Zuge dessen ist auch der Abstand
zwischen den beiden Statoren und der Folie - ein wichtiger Parameter bezüglich
der Kraftverteilung - bei diesem Element wesentlich kleiner als beim vorgenannten
Basselement.
Auch das Übertragungsverhältnis des Eingangsübertragers ist
ein anderes; in der Mitteltonsektion misst man bei 1kHz und 3 Vpp am Lautsprechereingang
gerade mal etwa 200 Vpp zwischen den Gegenelektroden. Beide Polarisationsspannungen
werden in einem gemeinsamen Netzteil erzeugt. Dessen Trafo erzeugt sekundär
610 V für die Hochspannungserzeugung, sowie 6,3 V für die Anzeigelampe
(die nicht in allen Ausführungen vorhanden ist).
Da der Lautsprecher
in einer Standardversion in aller Herren Länder exportiert wurde, musste
man unterschiedlichen klimatischen Bedingungen bzw. dem Drang der Hochspannung,
sich bei höherer Luftfeuchtigkeit durch die Luft zu entladen, Rechnung
tragen. Aus diesem Grund gibt es eine weitere Sekundärwicklung, die
590 V liefert und immer dann vorzuziehen ist, wenn die Hochspannung aus welchen
Gründen auch immer zu gross ist.
Die 5,5 kV werden durch eine einfache
Kaskadenschaltung erzeugt, die für die geringere Spannung (1,5 kV) einen
früheren Abgriff innerhalb der Schaltung vorsieht. Wenn eine Kaskade
defekt ist, so hat meistens einer der Kondensatoren "Durchzug" oder eine
der Dioden ist defekt. Je nach Version ist die Kaskade in eine kleine Wanne
aus Holz mit Bienenwachs eingegossen; aus der man die Platine im Reparaturfall
ausschmelzen muss (und später wieder vergiessen sollte).
Beim Ersatz der Kondensatoren sollte man schon auf 2 kV Belastbarkeit achten,
als Ersatztyp für die Dioden empfiehlt sich die GP02-40. Eine mit solchen
Bauteilen komplett restaurierte Kaskade sollte die nächsten 50 Jahre
Lebensdauer des Lautsprechers spielend überstehen...
Die Übertragungsdaten des Lautsprechers sind an heutigen Masstäben
gemessen sicherlich etwas aussergewöhnlich; sieht man jedoch die Situation
als der Lautsprecher entwickelt wurde, wird recht schnell klar, dass die
Daten eine logische Konsequenz sind:
Die Eingangsimpedanz des ESL-55 beträgt 15 Ohm; die maximale Dauertonbelastbarkeit
gemäss Herstellerangabe 15 Watt RMS. Mit diesen Übertragungsdaten
passt der Lautsprecher hervorragend zur QUAD II Endstufe! Trotz des recht
moderaten Wirkungsgrads des Lautsprechers lässt sich mit der QUAD
II und dem ESL durchaus eine Art "gehobene Zimmerlautstärke" erzeugen
(mal nur quantitativ, nicht qualitativ bewertet). Als 1967 die QUAD 303 auf
den Markt kam (und andere Hersteller schon längst leistungsfähigere
Transistorverstärker herstellten), stand man allerdings vor einem Problem:
Im Gegensatz zum Nachfolger ESL-63 besitzt der ESL-55 in der "Urversion"
bis etwa zur Seriennummer 16800 keinerlei Schutzmassnahme gegen Überlast:
Sollte also (wie oben aufgeführt) ein zu starker Impuls eine zu grosse
Auslenkung der Folie verursachen, entsteht häufig durch den Funkenüberschlag
ein Brandloch in der Mylarfolie, und je nach Grösse und Dauer der Überlastung
auch in den Statoren!
Statoren mit Brandlöchern bzw. verschmorten Zonen
in der Grösse eines Fünfmarkstücks sind nichts seltenes -
natürlich machen diese Lautsprecher dann keine Musik mehr. Damit zumindest
der Hochtöner etwas besser gegen Überlast geschützt war, ersann
man eine Schutzschaltung, die ab der Seriennummer 16800 in die Produktion
mit integriert wurde: Eine Reihenschaltung aus Z-Dioden bewirkt, dass die
Hochtonsektion ab gewissen Spannungen am Element kurzgeschlossen wird, und
die schädliche Spannung quasi abgeleitet wird. Der Vorteil dieser Schaltung
ist, dass sie sekundär vom Eingangsübertrager arbeitet und damit
keine negative Beeinflussung des Verstärkers, sowie ausserhalb des Schutzbetriebs
keine messbare Klangverfälschung zur Folge hat. Nachteilig wirkt sich
jedoch aus, dass diese recht einfach gestrickte Schaltung recht träge
reagiert und von daher zwar eine Notbremse darstellt, letztendlich aber natürlich
keinen garantierten Schutz darstellen kann (... aber welche Schutzmassnahme
ist schon ultimativ?) in der Hinsicht, dass das Hochtonelement mit dieser
Schaltung unzerstörbar wäre.
Für die QUAD-Endstufe 303 mit
ihren relativ moderaten 45 Watt Ausgangsleistung reicht diese Massnahme
noch aus; als Walker 1975 die wesentlich leistungsstärkere Endstufe
405 vorstellte, sah man für diejenigen QUAD-Liebhaber, die diese Endstufe
mit ihren alten ESL-55 betreiben wollten, eine kleine Schaltungsänderung
innerhalb der Endstufe vor: Ein einfach einzusetzender Widerstand begrenzte
die Spannung am Ausgang der 405 auf einen dem ESL zuträglichen Maximalwert.
Grundsätzlich kann zu dieser Thematik gesagt werden: Man kann generell
zunächst jede Endstufe an den ESL-55 anschliessen (natürlich macht
es keinen Sinn bzw. wird niemand hingehen und eine 1,2 kW PA-Endstufe anschliessen...),
den nötigen Respekt vor Ihren Lautsprechern und ein wenig Vorsicht vorausgesetzt,
wird den Lautsprechern nichts passieren. Kritisch wird es insbesondere
dann, wenn im Überlastungsfall Signalanteile mit starkem Klirranteil
und Rechteckstruktur entstehen. Auch bei dynamischen Lautsprechern bedeutet
dies, da zusammen mit dem Klirranteil jede Menge Oberwellen und damit mehr
"Stress" für den Hochtöner erzeugt werden, oft den Ausfall des
Hochtöners. Auch der ESL-55 nimmt eine solche Behandlung ziemlich krumm
- unerheblich ist dabei, an welcher Komponente in der Anlage die Verzerrung
entsteht - erheblich ist jedoch in welcher Lautstärke das verzerrte
Signal wiedergegeben wird.
Der Lautsprecher mit seinem etwas merkwürdigen Aussehen wurde ab Werk
in 2 verschiedenen Ausführungen angeboten: In schwarz (schwarzes Gitter,
schwarze Holzseitenteile, Rahmen und Füsse schwarz), sowie in bronze
(bronzefarbenes - siehe unten- Gitter, Holzseitenteile und Füsse natur,
Rahmen schwarz). Die charakteristischen Aluminiumgitter wurden zwar von einem
Zulieferer gestanzt und gekantet, jedoch bei QUAD lackiert, was, wie
an anderer Stelle schon einmal ausgeführt wurde, dazu geführt hat
dass es starke Farbschwankungen innerhalb eines Farbtons gab. Bei der mit
"bronze" bezeichneten Version sind demnach von kupferfarben über gold
bis zu beige alle möglichen Varianten zu finden. Die Füsse sind
häufig bei gebrauchten Lautsprechern nicht mehr mit dabei - konstruktionsbedingt
brechen sie auch häufig ab - der Lautsprecher sollte jedoch unbedingt
hochgestellt werden, da ohne Füsse die Tieftonwiedergabe deutlich schlechter
ist!
Das hintere Gitter ist zur Erzielung eines höheren Schalldrucks
im Bassbereichs von innen mit einer starken Schicht Filz beklebt.
Varianten
gibt es interessanterweise auch bei den Netzsteckern bzw. dem Netzeingangsfeld:
Es gibt Varianten mit Netzschalter und ohne, sowie mit Kontrolleuchte oder
ohne. Im Lauf der Fertigung sind nicht weniger als 4 verschiedene Netzbuchsen
verbaut worden: Zuerst die 3-polige runde Buchse von Bulgin (diese Stecker
sind heute kaum noch zu bekommen!), später dann zwei Varianten Heiss-gerätesteckerartige
Verbinder und bei den letzten Lautsprechern mit rechteckiger Kontrolleuchte
dann die auch heute noch gebräuchlichen Kaltgerätesteckverbinder.
Wie klingt er denn nun, der QUAD? Eigentlich eine überflüssige
Fragestellung - stand er doch lange Zeit bei der "deutschen Grammophon" als
Referenzmonitor in den Studios, in denen klassische Aufzeichnungen abgemischt
wurden. Böse Zungen sagen dem Lautsprecher nach, er würde keinen
Bass wiedergeben - das kann man sicherlich so nicht stehen lassen, dennoch
kann man guten Gewissens sagen, dass der Lautsprecher bei der Wiedergabe
von Stimmen und akustischen Instrumenten voll seine Stärken zeigen kann.
Dies bedeutet, dass der Lautprecher sich mit Kammermusik eher zufriedengibt
als mit grossorchestralen Werken mit Brachialdynamik - weiterhin ist der
Lautsprecher eher für akustischen Jazz geeignet als z.B. für Popmusik
mit hohen Pegeln und grossem Anteil an synthetischen Instrumenten.
In diesem
Kontext sei auch nochmal die Dauerbelastbarkeit von 12 Watt erwähnt,
was sicherlich auch nicht ausreichend ist, um grössere "Beschallungen"
zu fahren.
Jede weitere Beschreibung des Klangs würde misslingen - man sollte den
Lautsprecher einfach gehört haben, um die Faszination zu verstehen.
Ohnehin sind solche subjektiven Wahrnehmungen wie Klang nur schwer mit objektiven
Kriterien zu beschreiben.
Ein weiterer Aspekt sollte nicht unerwähnt bleiben: Es gibt eine Variante
des QUAD ESL auf dem Markt, die von der deutschen Traditionsschmiede Braun
gebaut wurde. Der Lautsprecher lief bei Braun unter der Modellbezeichnung
LE-1 und benutzte, obwohl er äusserlich überhaupt keine Assoziation
zum QUAD darstellt, im wesentlichen QUAD-Technik. Das von Dieter Rams persönlich
gestaltete Modell war nur in einer Variante erhältlich, von 1959 an
wurde der Lautsprecher in Kronberg in einer Auflage von nur 500 Paaren
hergestellt; der Sammlerwert eines solchen guterhaltenen Exemplars ist heute
entsprechend hoch. Ursprünglich für den Betrieb mit dem CSV13 konzipiert
- dieser Verstärker besitzt eigens dafür vorgesehene mehrpolige
Anschlussbuchsen, die gleichermassen NF-Signale und Betriebsspannug zum Lautsprecher
übermitteln - kann der LE-1 auch mit jedem anderen Verstärker gefahren
werden. In dem robusten Leichtmetallrahmen findet man ebenfalls 3 Elemente
in der gleichen Anordnung wie auch im ESL-55; aus Platzgründen - der
LE-1 ist wesentlich flacher - war man jedoch gezwungen, ein eigenes Netzteil,
sowie einen eigenen Eingangstransformator zu bauen. Letzerer unterscheidet
sich denn auch in einigen Merkmalen vom "originalen" ESL-Trafo, was zu einer
gegenüber dem "originalen" ESL leicht abweichenden Tonalität
des Lautsprechers führt.
Flächenstrahlern wird pauschal eine sehr gute und transparente Wiedergabe,
allerdings auch häufig auch eine überdurchnittliche Reparaturanfälligkeit
und Unzuverlässigkeit nachgesagt. Sicherlich ist ein derart allgemeines
Urteil nicht in jedem Fall zutreffend: Zwar gibt es eine Menge Flächenstrahler
mit "Serienmacken", z.B. die früheren Magnepan-Magnetostaten oder aber
auch bestimmte Modelle von Martin Logan, die Langlebigkeit hängt jedoch
stark von der "Behandlung" des jeweiligen Lautsprechers ab. Richtig ist natürlich,
dass in einem elektrostatischen Lautsprecher gerade durch die enthaltenen
aktiven Elemente (Hochspannungsnetzteil, usw.) einige potentielle Fehlerquellen
mehr enthalten sind als im klassischen dynamischen Mehrweglautsprecher mit
seinen wenigen passiven Bauelementen.
Was bedeutet das nun alles für
die QUAD-Elektrostaten? Die ESL-55 sind natürlich inzwischen in die
Jahre gekommen, selbst die letzten Modelle sind mittlerweile über 20
Jahre alt, die meisten jedoch älter. Pflegliche Behandlung vorausgesetzt,
kann ein solcher Lautsprecher auch heute noch hervorragend spielen! Die pflegliche
Behandlung impliziert bei diesem Lautsprecher, dass er sein Lautsprecherleben
möglichst trocken, staub- und vor allem nikotinarm, und - last but not
least - ohne Überlastung von der Verstärkerseite verbringen durfte.
Wichtig auch in diesem Zusammenhang: Wenn ein ESL-55 längere Zeit nicht
am Netz angeschlossen war, sollte man dem Lautsprecher unbedingt mehrere
Stunden Zeit zum "aufladen" gönnen, bevor ein Musiksignal angelegt wird!
Neben der Tatsache dass ein "ungeladener" Lautsprecher miserabel spielt,
können bei derartigen Experimenten recht schnell Schäden an den
Elementen verursacht werden! Einmal angeschlossen, sollte der Lautsprecher
immer am Netz bleiben (Stromaufnahme ökologisch vertretbar---), um direkt
spielbereit zu sein; von daher ist der Netzschalter bei einer der Bauserien
eigentlich Makulatur.
Alle aufgeführten potentiellen Schadensursachen
können einen Defekt der Wandlerelemente zur Folge haben; am ehesten
ist wegen des geringen Elektrodenabstandes das Mittel-Hochtontonelement gefährdet.
Ein Hochspannungsüberschlag zwischen Stator(en) und Wandlerfolie kann
ein Loch in die Folie brennen, was zur Folge hat, dass das Element danach
permanent Nebengeräusche erzeugt ("knistern") und/oder die Musikwiedergabe
deutlich gestört ist (leiser, verzerrt). Ein solches Element ist nicht
reparabel und muss ausgetauscht werden. QUAD stellt nun seit etwa Mitte der
90er Jahre keine Elemente mehr her, seitdem haben sich viele Leute mehr oder
weniger erfolgreich mit der Neuherstellung oder auch Restauration defekter
Elemente beschäftigt. Darüberhinaus gibt es reichlich DIY-Literatur
zu diesem Thema, und unzählige Internetpublikationen, die z.T. in unserer
Linkliste aufgeführt sind. Besonders viel Mühe hat sich Sheldon
D. Stokes gegeben, der seine Erkenntnisse schon seit Jahren im Netz publiziert.
Offensichtlich derzeit führend in der Restauration defekter Elemente
ist Steve Williams von Onething audio (siehe Linkliste).
Zwischen 1957 und 1985 wurden gesamt 54.000 Paare dieses Lautsprechers hergestellt.
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